Richard Wagners Erstschrift des Librettos zum „Tannhäuser“ für das Nationalarchiv der Richard-Wagner-Stiftung gesichert

Am 11. Dezember 2024 konnte Museumsdirektor Dr. Sven Friedrich bei Christie’s, London, Richard Wagners Erstschrift des Librettos zum Tannhäuser für das Nationalarchiv der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth ersteigern und so auf Dauer für die Öffentlichkeit und die Forschung sichern.

Das Autograph ergänzt außerdem die Handschriftensammlung des Nationalarchivs um ein bislang fehlendes Glied und schließt damit auch die entstehungsgeschichtliche Dokumentationslücke zwischen Prosaentwurf und Reinschrift des Librettos.

Das Manuskript mit dem ursprünglichen Titel Der Venusberg umfasst den Originalumschlag, ein Titelblatt sowie 17 Seiten, 352 x 213 mm auf zehn Doppelblättern, am Ende signiert mit „Richard Wagner“. Dank seiner akribischen Datierungen kann die bislang unsichere genaue Entstehungszeit nunmehr exakt mit dem 29. Januar bis zum 22. März 1843 angegeben werden. Das Konvolut enthält den ursprünglichen Text mit zahlreichen Korrekturen, Streichungen und Ergänzungen. Es weist gegenüber der Reinschrift, die sich bereits im Bayreuther Wagner-Archiv befindet, zahlreiche Unterschiede im Text, bei den Regieanweisungen, der Nummerierung und Aufteilung der Szenen und anderen Details auf. So dokumentiert das Manuskript die bislang unbekannte Urschicht der Dichtung und deren Weiterentwicklung. Es ist damit editionswissenschaftlich von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen auf der Rückseite des unteren Deckblatts neben einer Reihe von Anmerkungen und einigen musikalischen Notaten auch ein zusätzlicher Abschnitt mit sechzehn Zeilen (vier davon gestrichen): eine frühe, später jedoch geänderte Fassung des „Gesangs der älteren Pilger“ sowie eine Widmung an Wagners Zürcher Freund Wilhelm Baumgartner (1820-1867), dem er das Manuskript zu Neujahr 1852 schenkte.

Wagner-Handschriften im hier vorliegenden Umfang und als geschlossenes Konvolut sind extrem selten. Bis 1996 galt das Manuskript überdies als verschollen. Erst am 6. Dezember 1996 wurde es bei Sotheby’s versteigert (Einlieferer unbekannt) und gelangte so in die bedeutende Sammlung des am 15. April 2020 verstorbenen Kunstsammlers Helmut Nanz, die nun bei Christie’s zur Versteigerung kam. Damit ist das Manuskript die wichtigste in den letzten 20 Jahren auf den Markt gelangte Handschrift Richard Wagners. Der Zuschlag erfolgte bei 95.000 £, das ergibt mit Aufgeld und Steuern rd. 140.000 €. Die Erwerbung wurde zu je einem Drittel der Kosten von der Kulturstiftung der Länder und der Oberfrankenstiftung gefördert. An Richard Wagners 212. Geburtstag, dem 22. Mai 2025 wird das Manuskript von Vertretern der Richard-Wagner-Stiftung und den Förderern im Haus Wahnfried erstmals öffentlich präsentiert.

Detailansicht der ersten Seite der Erstschrift des Tannhäuser-Librettos